Jenseits von 9–5 – Warum Engagement den Unterschied macht

Karriere entsteht nicht im Komfortbereich. Viele Mitarbeitende glauben, eine klassische 9–5-Haltung reiche aus, um langfristig Karriere zu machen. Doch diese Erwartung widerspricht sowohl der Realität moderner Organisationen als auch der Logik von Erfahrungserwerb. Wer mehr investiert – an Zeit, an Energie, an Verantwortungsumfang – sammelt auch mehr Erfahrung.

Wer hingegen strikt innerhalb der Minimalzone bleibt, bleibt auch in seiner Entwicklung begrenzt. Karriere ist nicht zufällig: Sie ist die Summe aus Engagement, Lernbereitschaft und der Bereitschaft, mehr zu leisten, als unbedingt nötig wäre. Gleichzeitig gilt: Mehr Leistung darf nicht mit Selbstschädigung verwechselt werden. Es geht um smartes Mehr, nicht um blindes Mehr.


Mehr leisten heißt mehr lernen – aber mit System

Rein mathematisch ist es einfach: Wer mehr arbeitet, bearbeitet mehr Themen. Wer mehr Themen bearbeitet, sammelt mehr Erfahrungen. Und wer mehr Erfahrungen hat, erweitert schneller seinen Kompetenzumfang.

Das bedeutet nicht, dass Karriere auf Dauerarbeit basiert oder nur möglich ist, wenn man permanent Überstunden macht. Gemeint ist eine Haltung, die über das bloße Abarbeiten der eigenen Aufgaben hinausgeht: zusätzliche Projekte, abteilungsübergreifende Initiativen, die Unterstützung des eigenen Chefs oder der Mut, Verantwortung in noch ungewohnten Bereichen zu übernehmen.

Diese Erweiterungen der eigenen Rolle schaffen drei Dinge gleichzeitig:

  1. Mehr Erfahrung

  2. Mehr Sichtbarkeit

  3. Mehr Vertrauen des Managements

Doch wie bei allen guten Strategien gilt: Balance ist entscheidend. Sich ausnutzen zu lassen – etwa indem man monotone Aufgaben anderer übernimmt, die diese aus Bequemlichkeit abgeben – fördert nicht die eigene Karriere, sondern belastet sie.


Praxisfall 1: Vom Mitläufer zum Go-to-Person

Beispiel: Laura G., Mitarbeiterin im Customer Service eines Energieversorgers

Laura arbeitet zuverlässig, aber lange ohne besondere Auffälligkeit. Als im Unternehmen ein Projekt zur Verbesserung der Kundenjourneys gestartet wird, meldet sie sich freiwillig – obwohl dies zusätzliche Arbeit bedeutet.

Sie unterstützt das Projektteam nach Feierabend, bringt Ideen ein und übernimmt kleine Sonderaufgaben. Schnell wird sichtbar, dass sie nicht nur kundenorientiert, sondern auch analytisch stark ist.

Ein Jahr später übernimmt Laura eine Rolle als Prozessmanagerin – nicht, weil sie „Glück“ hatte, sondern weil sie gezielt mehr getan hat als das Minimum.

Lauras Beispiel zeigt: Engagement über den Grundauftrag hinaus ist ein Multiplikator für Entwicklung– solange es sinnvoll, freiwillig und strategisch ist.


Smart statt blind – Mehrwert statt Stunden

Ein häufiger Irrtum besteht darin zu glauben, Karriere entstehe durch das reine Ausweiten der Arbeitszeit. Doch eine aufgeblähte 12-Stunden-Präsenz ohne klare Ergebnisse bringt niemanden weiter. Im Gegenteil: Sie wirkt unprofessionell und signalisiert schlechte Priorisierung oder Ineffizienz.

Wirkliches Weiterkommen entsteht durch effizientes Mehr, nicht durch blindes Mehr.

Das bedeutet:

  • gezielt neue Aufgaben mit Lernwert übernehmen

  • sichtbare Beiträge zu wichtigen Themen leisten

  • smarte Arbeitsweisen entwickeln

  • Zeit so investieren, dass sie in Kompetenzüberschüsse konvertiert

Wer seine Zeit sinnvoll nutzt, schafft Ergebnisse, die gesehen werden – und genau das entscheidet im Wettbewerb um attraktive Rollen.


Praxisfall 2: Die Falle der falschen Hilfe

Beispiel: Mehmet A., IT-Spezialist in einem Logistikunternehmen

Mehmet ist hilfsbereit. Sehr hilfsbereit. Kollegen bitten ihn ständig um Unterstützung bei wiederkehrenden, monotonen Aufgaben. Er hilft – und merkt erst spät, dass er zwar beliebt ist, aber seit zwei Jahren keine neue Erfahrung mehr gesammelt hat.

Auf Anraten seines Vorgesetzten beginnt er, Hilfestellungen zwar weiterhin zu geben, aber bewusst zu begrenzen. Gleichzeitig übernimmt er ein kleines Automatisierungsprojekt, das ihn fachlich fordert.

Drei Monate später wird er in ein Innovationsprojekt berufen – weil er erstmals wieder fachlichen Impact gezeigt hat.

Mehmets Fall zeigt: Hilfe ja, aber nicht auf Kosten des eigenen Fortschritts. Wer sich ausschließlich mit Routineaufgaben anderer beschäftigt, verliert seine berufliche Entwicklung aus dem Blick.


Die richtige Art von „Mehr“

Entscheidend ist, welcher Art das Mehr ist:

  • Mehr Verantwortung

  • Mehr Lerngehalt

  • Mehr Beitrag zu wichtigen Themen

  • Mehr Initiative

  • Mehr Wirksamkeit

Nicht entscheidend – und oft sogar kontraproduktiv – ist:

  • mehr repetitive Aufgaben anderer

  • mehr Zeitausdehnung ohne Output

  • mehr Aktivität ohne Nutzen

  • mehr Präsenz ohne Fortschritt

Karrierestrategien scheitern nicht, weil Menschen viel arbeiten, sondern weil sie das Falsche viel arbeiten.


Fazit: Engagement mit Wirkung statt Anwesenheit ohne Nutzen

Karriere entsteht nicht durch Minimalismus. Wer sich weiterentwickeln möchte, wird dies kaum mit einer 9–5-Einstellung erreichen. Engagement, Lernbereitschaft und die Bereitschaft, zusätzliche Verantwortung zu übernehmen, sind Schlüssel für langfristiges Weiterkommen.

Doch genauso wichtig ist es, klug statt blind zu arbeiten. Erfolg entsteht dort, wo Mehrarbeit zu Mehrkompetenz führt – nicht dort, wo sie nur zu Müdigkeit und Frust führt.

Nicht die Länge des Arbeitstages entscheidet – sondern die Qualität der Erfahrung, die man darin sammelt.


Leitfaden: Fünf Prinzipien der wirksamen Karrierearbeit jenseits von 9–5

  1. Wähle gezielte Zusatzaufgaben.
    Suche aktiv Projekte, die Lernwert bieten – nicht repetitive Tätigkeiten.

  2. Nutze Zeit strategisch, nicht mechanisch.
    Mehr Input ergibt nur dann mehr Output, wenn die Aufgaben sinnvoll gewählt sind.

  3. Setze klare Grenzen gegenüber Ausnutzung.
    Hilfsbereitschaft ist wertvoll, aber nicht, wenn sie zum Bremsklotz für die eigene Entwicklung wird.

  4. Arbeite smart, nicht nur viel.
    Effizienz, Priorisierung und Fokus schaffen Ergebnisse, die sichtbar werden.

  5. Erweitere deine Rolle Schritt für Schritt.
    Kleine, aber wertvolle Ergänzungen der eigenen Aufgabe führen langfristig zu großen Entwicklungssprüngen.